Ich baue ein Wohnhaus um, damit ein Gewerbebetrieb oder ein Verkaufsraum einziehen kann
Dieses Bauvorhaben ist eine Umnutzung, und mit dem Umbau wird es zu einer Mischnutzung. Je nachdem, wo im Gebäude der Gewerbebetrieb angesiedelt wird, ist das Vorhaben einfacher oder komplizierter umzusetzen.
Bei einer Umnutzung in Verkaufs- oder Büroräume ohne erhöhtes Brandrisiko sind die Anforderungen an den Brandschutz mit reinen Wohngebäuden vergleichbar.
Bei der Nutzung «Gewerbe, Industrie» ist das Brandrisiko je nach Art des Betriebs verschieden hoch. Entsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen, die ein Gewerbebetrieb an den Brandschutz stellt. Während zum Beispiel ein Kosmetik-Studio kaum erhöhte Gefahren mit sich bringt, ist die Ausgangslage bei einem Malerbetrieb mit grossem Farblager im Keller eine ganz andere. Zudem ist es ein Unterschied, ob es sich um ein Einfamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus handelt. Es lohnt sich, bei der Planung des Projekts von Anfang an eine Fachperson für Brandschutz beizuziehen.
Qualitätssicherung
Grundsätzlich wird das Gebäude als Ganzes einer Qualitätssicherungsstufe (QS-Stufe) zugewiesen. Geht vom Gewerbebetrieb jedoch eine besondere Brandgefahr aus, kann die Brandschutzbehörde die QS-Stufe für diese Nutzung erhöhen.
So gehen Sie vor
Prüfen Sie, welche Bewilligungen erforderlich sind. Eine Baubewilligung ist in den meisten Fällen nötig. Weiter müssen Sie prüfen, ob die neue Nutzung gemäss den Bauzonenvorschriften überhaupt erlaubt ist.
Beurteilen Sie das Gebäude
Überprüfen Sie, inwiefern das Gebäude die aktuellen Brandschutzanforderungen erfüllt. Insbesondere bei älteren Gebäuden ist es möglich, dass bauliche oder technische Massnahmen nötig sind, um die Schutzziele zu erreichen. Wie Sie vorgehen müssen, um das Gebäude zu beurteilen, erfahren Sie im Kapitel «Beurteilung Gebäude».
Definieren Sie die Anforderungen, die sich durch die Nutzung «Gewerbe, Industrie» ergeben
Schätzen Sie das Brandrisiko
Büros, Verkaufsläden und Gewerbebetriebe wie Coiffeursalons oder Kosmetikstudios bergen kaum erhöhte Brandrisiken. Anders verhält es sich z. B. bei Schreinereien. Welche Betriebe welches Brandrisiko bergen, finden Sie in der Nutzung «Gewerbe, Industrie» unter Ihrer Gebäudehöhe im Kapitel «Tragwerke und Brandabschnitte».
Liegt ein mittleres oder grosses Brandrisiko vor, wenden Sie sich an einen Brandschutzexperten.
Brandabschnitte
Bei Mischnutzungen müssen alle Nutzungen als Brandabschnitt voneinander getrennt sein.
Handelt es sich beim Wohnhaus um ein Mehrfamilienhaus, dürfte diese Anforderung bereits erfüllt sein, denn auch dort muss jede Wohneinheit als eigener Brandabschnitt ausgebildet sein.
Bei einem Einfamilienhaus muss der Bereich, der neu zu Gewerbezwecken dienen soll, grundsätzlich als eigener Brandabschnitt ausgebildet werden. Zudem muss die Heizung in einem eigenen Brandabschnitt platziert sein. Wenn vom Gewerbebetrieb jedoch kein oder nur ein geringes Brandrisiko ausgeht, sind solche Anpassungen unverhältnismässig. Soll etwa ein Zimmer in einem Einfamilienhaus zu einem Coiffeursalon umgenutzt werden, ist die zusätzliche Brandgefahr so gering, dass die Brandschutzbehörde in der Regel kaum eine Anpassung der Brandabschnitte verlangen wird.
Die Anforderungen an den Feuerwiderstand der Brandabschnitte ergeben sich aus der Nutzung, der Gebäudekategorie und der Brandbelastung. Um den geforderten Feuerwiderstand zu bestimmen, wählen Sie die entsprechende Nutzung – «Gewerbe, Industrie», «Verkauf» oder «Büro» –, Ihre Gebäudehöhe und das Thema «Tragwerke und Brandabschnitte». Für die Bereiche, in welchen beide Nutzungen präsent sind – z. B. Keller- und Lagerräume – sowie für die Gebäudebestandteile, die alle Nutzungen umschliessen – wie die Aussenwände – gelten die Bestimmungen, welche die Nutzung mit den höheren Anforderungen stellt. In diesem Fall also diejenigen der Nutzung «Gewerbe, Industrie», resp .«Verkauf» oder «Büro».
Tragwerk
Die Anforderungen an den Feuerwiderstand des Tragwerks bleiben in der Regel dieselben. Nur bei einem Betrieb mit grossem Brandrisiko (Brandbelastung > 1000 MJ/m²), zum Beispiel bei einem Pneulager oder in der Lackproduktion, wäre eine Ertüchtigung gefordert.
Flucht- und Rettungswege
Bei einem Mehrfamilienhaus und einem Gewerbebetrieb werden die gleichen Anforderungen an die Länge und Breite der Fluchtwege gestellt. Auch die Anforderungen an die Baustoffe und an den Feuerwiderstand in Fluchtwegen bleiben dieselben, solange kein erhöhtes Brandrisiko gegeben ist. Bei einem grossen Brandrisiko hingegen gelten höhere Anforderungen.
Bei einem Einfamilienhaus müssen grundsätzlich horizontale und vertikale Fluchtwege angelegt werden, soweit die neue Nutzung nicht über einen direkten Weg ins Freie verfügt. Soweit es sich aber um einen Betrieb mit kleinem Brandrisiko handelt, wird die Brandschutzbehörde dies jedoch kaum fordern.
In beiden Fällen gilt zudem:
- Bei Türen in Fluchtwegen, die abgeschlossen werden, müssen Schliess-Systeme nach SN EN 179 oder SN EN 1125 eingesetzt werden.
- Wenn sich im Gewerbebetrieb mehr als 20 Personen pro Raum und/oder in der Nutzung aufhalten können, ist eine Tür gefordert, die in Fluchtrichtung öffnet.
- Eine Kennzeichnung des Ausgangs und eine Sicherheitsbeleuchtung mit nachleuchtenden Piktogrammen entsprechend der Norm ISO 7010 im Treppenhaus werden erforderlich.
Löschgeräte
In Gewerbebetrieben ist mindestens ein Handfeuerlöscher gefordert. Übersteigt die Fläche des Gewerbebetriebs 1200 m², sind zudem Wasserlöschposten gefordert.
Blitzschutz
Ist das Brandrisiko erhöht, z.B. wenn im Gewerbebereich gefährliche Stoffe gelagert werden, kann ein Blitzschutzsystem notwendig werden.
Lüftungsanlagen
Eine Anpassung der bestehenden Anlagen kann erforderlich werden. Ausschlaggebend dafür sind zum Beispiel Brandrisiko, Fluchtwegsituation, Brandabschnittbildung, Emissionen des Betriebs oder spezifische Apparate.
Bei einem kleinen Brandrisiko ist in der Regel keine Anpassung der Anlagen für den Wohnbereich nötig.
Brandmelde- und Sprinkleranlagen
Je nach Brandrisiko des Betriebs und der Brandabschnittsgrösse können Brandmelde- und/oder Sprinkleranlagen erforderlich sein.
Prinzip der Verhältnismässigkeit
Grundsätzlich müssen die aktuellen Brandschutzvorschriften umgesetzt werden. Beim Bauen im Bestand gilt jedoch auch das Prinzip der Verhältnismässigkeit. Die lokale Brandschutzbehörde kann alternative Lösungen bewilligen, wenn die Schutzziele durch das Brandschutzkonzept als Ganzes erreicht werden.